3.2 – Aktueller Zustand von Individuum, Gesellschaft und Natur

Analysiert man die Welt, in der wir heute leben, so ist das Ausmass der Gewalt, Zerstörung und der Kriege grösser als noch vor 30 Jahren, als sich sehr viele Menschen für Frieden, Naturschutz und Gerechtigkeit einsetzten. Die Errungenschaften der Technik, vor allem die Art des Einsatzes dieser Technik, brachten nicht den viel versprochenen Fortschritt, schon gar nicht die Verbesserung des Lebens auf dieser Erde.

Es gibt heute mehr Kriege als vor 50 Jahren, es verhungern pro Sekunde mehr Kinder als früher und die Menschen der ärmeren Regionen können noch immer nicht in bescheidenem Wohlstand leben, auch den Menschen der Industrienationen droht Armut.

Die letzten Naturreservate werden schamlos ausgebeutet, Regenwälder in Nationalparks werden abgeholzt, fast nirgends mehr auf der Erde gibt es noch natürliche oder naturnahe Lebensräume. Die Tier- und Pflanzenarten befinden sich im Sechsten Massenartensterben, diesmal vom Menschen ausgelöst.

Warum die unaufhörliche Gewalt, die Gier, die Vernichtung des Lebens überall ? Und das seit Jahrhunderten, seit Jahrtausenden ? Aktuell sogar viel schneller als früher.

Meine Antwort dazu: es fehlt an Spiritualität, an der Weisheit des Einsseins allen Lebendigen, es fehlt an der Liebe zur Natur, zu anderen Mitmenschen und zu sich selbst.

Die spirituelle Praxis (etwa wie hier auf diesen Seiten verstanden) bietet einen Aspekt des Handelns für eine lebenswerte, gesunde Welt für alle („Angewandte Spiritualität“).

Das Konzept der Angewandten Spiritualität beruht auf gezieltem Geistestraining (Meditation), der Entwicklung von Mitgefühl für alle Wesen und des Verbundenseins mit der Natur als Ganzes als auch der Direkte Erkenntnis des Einsseins allen Lebens. Spiritualität wird gesehen als Lebensphilosophie, als positives und heilsames Handeln im Alltag, als Ziel, das „Eine-ohne-Zweite“, den „Natürlichen Zustand“, das „Wirkliche ICH“ direkt zu erkennen. Diese Erkenntnis, dieses Gewahrsein führt zu tiefer Glückseligkeit als auch Respekt allen Lebens gegenüber.

Zerstörung der Natur

Speziell seit den letzten 200 Jahren wird die Natur unwiderbringlich zerstört. Fast nirgends mehr auf dem Planeten existieren wirklich „natürliche“ bzw. naturbelassene Lebensräume. Die Artenvielfalt wurde immer offensichtlicher reduziert, sodass die Tier- und Pflanzenarten sich aktuell im vom Menschen verursachten „Sechsten Massenartensterben“ befinden. Nur wenige Arten werden diese Vernichtung (Ermordung) überleben. Hauptgrund ist neben der gezielten Tötung von Tieren aus Lust am Morden (Safari, Jagd) die Lebensraumzerstörung etwa durch Abholzen von Wäldern und Aufbau riesiger Monokulturen wie Forste oder Flächen für die industrielle Landwirtschaft und Megastädte mit riesigen Slums. Zusätzlich kommt die Zerstörung des Lebens durch Abfallberge unvorstellbaren Ausmasses (mehr Plastik als Plankton im Meer). Massentourismus trägt ebenfalls zu dieser Lebensraumvernichtung bei. Die wenigen in Nationalparks oder Naturschutzgebieten bisher vor der Zerstörung geretteten Lebensräume sind meist klein und werden weiter reduziert anstatt vergrössert –  in unseren Breiten etwa durch den Anbau von natürlichen Buchen- oder Lärchenwäldern statt Fichtenmonokulturen. Die Abholzung tropischer Regenwälder ist eines der traurigsten Beispiele menschlicher Zerstörungswut und Rücksichtslosigkeit.

Es fehlt den meisten Menschen (vor allem auch den Herrschenden) eindeutig eine positive Beziehung zur Natur. Es ging offenbar verloren, dass es eine tiefe Beziehung des Menschen zur Natur gibt. Nicht nur durch die Abhängigkeit des Menschen vom Sauerstoff, der von Pflanzen produziert wird, oder von den Pflanzen und Tieren als Nahrungsmittel. Auf tieferer Ebene gibt es die Verbundenheit durch das SEIN, das alles Lebendige durchzieht, das die Essenz des Lebens schlechthin ist, und das alle Weisheitskulturen von Anbeginn an kannten und schätzten. In eben diesen Kulturen war Spiritualität wichtig als „Wissen“ (im Sinne von Weisheit) um diese Einheit und als Praxis (Meditationstechnik) um sich dieser Einheit vollends gewahr zu sein (im Weisheitssystem des Buddhismus: das „Wirkliche ICH“, den „Natürlichen Zustand“ direkt zu erkennen, ein BUDDHA zu sein).

Geschichte der Menschheit

Interessiert man sich etwas mehr für Geschichte, dann entdeckt man sehr bald, dass diese zumindest die letzten 2000 Jahre primär von Unterdrückung, Gewalt und Krieg gekennzeichnet ist. Rassismus und Apartheid gab es nicht nur etwa in Südafrika oder den USA, sondern diese Ideologien sind immer noch überall präsent. Sklaven kennt man nicht nur vom Transatlantischen Sklavenhandel, sondern von den alten „Hoch“kulturen bis heute, wo man die moderne Sklaverei etwa als Zwangsprostitution, Kinderarbeit und Menschenhandel findet. Die Ideologie der Eugenik durchzieht die Menschheit ebenfalls wie ein roter Faden.

Primär durchlebte die Menschheit politische Systeme der Gewalt und Unterdrückung – egal ob unter Adeligen, unter Diktatoren, Faschisten oder Totalitaristen. Von den 50er Jahren bis ungefähr 2020 gab es in den „westlichen Ländern“ ein kleines Zeitfenster relativer Freiheit und Wohlstands  –  allerdings auf Kosten der Ausbeutung der Menschen des Südens und der Zerstörung der Natur.

Aktuell erleben wir den Versuch eines gewaltsamen Wechsels in eine neue Ordnung  –  der Mensch als reines Objekt und Teil einer Mega-Maschine: das Digitale Zeitalter und die Ideologie des Transhumanismus, die aktuelle Fortsetzung der Eugenik. Die Kolonialisierung und Zerstörung erreicht nun, nach der fast vollständigen Zerstörung der Natur, den Kriegen und der Ausbeutung des Menschen, das Innere des Menschen, dessen Geist und Bewusstsein, selbst. Der Mensch soll mit der Maschine verknüpft (Künstliche Intelligenz, Internet of Bodies) und gesteuert werden. Zusätzlich zu einer entsprechenden Bevölkerungsreduktion, die offen propagiert wird, da aktuell die Herrschenden nicht mehr so viele Arbeitssklaven benötigen wie noch vor hundert Jahren. Wir erleben den Beginn eines trans- oder posthumanen Zeitalters zugunsten einer kleinen vermeintlichen Elite, die sich als Schöpfer, als Gott versteht (siehe Homo Deus). Leider sind all diese Wahnvorstellungen weder Science Fiction noch ein Albtraum, aus dem man bald erwachen wird, sondern Realität. In den Büchern, Aussagen, auf den Webseiten, Programmen und Politik der entsprechenden Verfechtern dieser Perversion offen nachzulesen und zu spüren.

Das Individuum und die Gesellschaft

Es fällt einem auf, dass die Menschen speziell in Krisensituationen immer wieder zu Gleichgültigkeit und Hass statt zu Liebe und Mitgefühl tendieren, und dass die von den Herrschenden manipulierte Menschenmasse sich oft zu einem Massenmord hinreissen lässt. Kein faschistisches oder totalitäres System kann ohne die „begeisterte“, schweigende oder mordende Masse existieren.

Fast jeder meint von sich „ein guter Mensch“ zu sein. Bei vielen stimmt dies sicher. Noch mehr Menschen allerdings verhalten sich in echten Not- bzw. Ausnahmesituationen leider nicht mehr „gut“ dem Nächsten gegenüber, sondern schauen weg bei Unrecht, denunzieren oder töten. Die Geschichte belegt dies leider immer wieder. Bis heute.

Unterschiedliche Erklärungen von Historikern, Politikwissenschaftler und Psychologen beschreiben zwar die Rahmenbedingungen und Mechanismen, die zu dieser menschenunwürdigen Geschichte der Menschheit führen, aber dringen nicht bis zur Wurzel des Problems vor.

Angewandte Spiritualität

Die wahre Ursache dieser furchtbaren Entwicklung bzw. dieser bewussten Steuerung, ist meiner Meinung nach die mangelnde Spiritualität und das fehlende Bewusstsein des EinsSEIN alles Lebendigen – der Menschen, der Natur, des Kosmos. Spiritualität wurde immer mehr verdrängt, seit der Materialismus seinen vermeintlichen Siegeszug antrat. Heute im Zeitalter der Technokratie und des Transhumanismus zeigt dieser seine bisher extremsten Auswüchse, und seine Vertreter sind kurz davor, nun wirklich alles Leben und Lebenswerte zu zerstören.

Es ist höchste Zeit, der aktuellen Gewalt und Zerstörung entgegenzuwirken, und ein trans- oder posthumanes Zeitalter zu verhindern. Das kann jeder Einzelne, auch wenn man nicht in Positionen ist, wo umfassendere Konzepte für die Gesellschaft erdacht werden: durch Ausüben von spirituellen Übungen, Meditationen, unabhängig welcher Art. Diese weltweit aufgebaute spirituelle Energie führt zu entsprechenden Handlungen, und trägt wie Aktivitäten auf politischer, rechtlicher, ökonomischer usw. Ebene dazu bei, statt dieses menschen- und naturverachtenden, zum Scheitern verurteilten System ein humanes Zeitalter, eine Erddemokratie für alle Lebewesen aufzubauen.

Das Verhältnis zur Natur und die aktive, angewandte Spiritualität sind somit das Wesentlichste, um eine Gesellschaft als auch den gesamten Planeten für alle Wesen lebenswert zu machen. Ohne Natur gibt es kein Leben, ohne Mensch – siehe Mensch-Maschine, Transhumanismus – gibt es weder Menschenwürde noch Menschlichkeit, weder Mitgefühl noch Freude, Glück oder Liebe.

Somit ist das, was Vandana Shiva (Subsistenzwirtschaft, Schutz des natürlichen Saatgutes und der Kleinbauern u.a.) als ERDDEMOKRATIE bezeichnet, dasselbe wie das Konzept der ANGEWANDTEN SPIRITUALITÄT, das ich formulierte  (Spiritualität und Naturverbundenheit) –  mit etwas anderen Schwerpunkten. Weiters findet man eine umfassende Analyse der Entwicklung des Materialismus und der Technokratie von Claudia von Werlhof („alchemistisches Patriachat“, Kapitalismus- und Technikkritik).

Lösungen für eine lebenswerte Welt für alle findet man somit in der Subsistenzwirtschaft, Basisdemokratie, Egalität, Natur und Spiritualität usw. Matriachale Zivilisationen (Heide Göttner-Abendroth) bzw. deren noch heute bestehenden Reste oder wieder sich bildenden Gesellschaften haben genau diese Merkmale, und auch hier können wir anknüpfen beim Aufbau einer modernen humanen Welt.

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3.1 - Allgemein - Angewandte Spiritualität

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3.3 - Spiritualität als Gegenkraft zu Materialismus

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3.4 - Literatur