Hier wird der Begriff Erddemokratie im Sinne Vandana Shiva´s verwendet, der indischen Ikone im Widerstand gegen mächtige Konzerne wie Monsanto, die nicht nur die Natur zerstören und Saatgut stehlen, sondern sich als „Eigentümer“ des Lebens selbst verstehen. Sie plädiert unter anderem für eine Gesellschaft, in der jedes Lebewesen, auch Tier und Pflanzen, als das gesehen und behandelt werden, was sie sind: fühlende Lebewesen.
Es ist möglich, eine schöne, lebenswerte Welt für alle zu errichten – das ist keine naive Wunschvorstellung. Viele Menschen weltweit in den unterschiedlichsten Disziplinen arbeiten für diese Vision. Die Errungenschaften in der Technik bieten zusätzlich sehr gute Werkzeuge. Allerdings ist die gesamte Macht und der gesamte Reichtum in den Händen einiger weniger Menschen – nicht erworben durch ehrliche Leistung, sondern durch Gewalt und Ausbeutung (oft jahrhundertelange). Auch werden die Techniken in der Regel nicht eingesetzt zum Wohle der Menschen, für die Natur ohnehin nicht, sondern dienen eher der Ausbeutung, Unterdrückung und Gewaltausübung. Grenzenlose Gier und Bösartigkeit dominieren.
Erddemokratie ist die Vision, die diese Spirale der Abartigkeit und des Perversen auf allen Ebenen durchbricht. Spiritualität ist ein wichtiger Bestandteil von Erddemokratie.
Erddemokratie entspricht dem MANDALA des SAMBHOGAKAYA (siehe unter VAJRAYANA). In den speziellen Meditationen des MAHAYOGA werden auf innerer Ebene die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass dieser Zustand auch im Äusseren verwirklicht werden kann.
Entwurf der Allgemeinen Erklärung der Rechte der Mutter Erde
(Bolivien 2010)
Präambel:
Wir, die Völker der Erde
Bedenkend, dass wir alle Teil der Mutter Erde sind, eine unteilbare Lebensgemeinschaft von wechselseitig voneinander abhängigen und untereinander verbundenen Wesen mit einem gemeinsamen Schicksal;
Dankbar anerkennend, dass die Mutter Erde die Quelle von Leben, Nahrung, Unterweisung ist und uns mit allem versorgt, was wir brauchen, um gut zu leben;
In der Erkenntnis, dass das kapitalistische System und alle Formen von Plünderung,
Ausbeutung, Missbrauch und Verschmutzung der Mutter Erde große Zerstörung, Schädigung und Störung verursacht haben, wodurch das Leben, wie wir es heute kennen, im Ergebnis von Erscheinungen wie dem Klimawandel in Gefahr gebracht wird;
Überzeugt davon, dass es in einer gegenseitig abhängigen Lebensgemeinschaft nicht möglich ist, Rechte nur für die Menschen anzuerkennen, ohne eine Störung des Gleichgewichts auf der Mutter Erde hervorzurufen;
Bekräftigend, dass es, um die Menschenrechte zu garantieren, notwendig ist, die Rechte der Mutter Erde und aller Wesen, die sie bilden, anzuerkennen und zu verteidigen, und dass Kulturen, Praktiken und Gesetze existieren, die das tun;
Im Bewusstsein der Dringlichkeit, entschlossene kollektive Maßnahmen zu ergreifen, um die Strukturen und Systeme umzugestalten, die den Klimawandel und andere Gefahren für die Mutter Erde verursachen;
Verkünden wir diese Allgemeine Erklärung der Rechte der Mutter Erde und richten einen
Aufruf an die Generalversammlung der Vereinten Nationen, sie als gemeinsames Vorhaben für alle Völker und Nationen der Welt anzunehmen, damit sowohl jeder einzelne Mensch als auch die Institutionen sich verantwortlich fühlen, durch Unterweisung, Erziehung und Bewusstseinsbildung die Achtung vor den in dieser Erklärung anerkannten Rechten zu fördern und durch schnelle und fortschreitende Maßnahmen und Mechanismen nationalen und internationalen Charakters ihre universelle und wirksame Anerkennung und Anwendung bei
allen Völkern und Staaten der Welt zu sichern.
Artikel 1: Die Mutter Erde
1. Die Mutter Erde ist ein lebendiges Wesen.
2. Die Mutter Erde ist eine einheitliche, unteilbare und selbstregulierte Gemeinschaft von
untereinander verbundenen Wesen, die alle Wesen, die sie bilden, erhält, im Gleichgewicht hält und reproduziert.
3. Jedes Wesen definiert sich durch seine Beziehungen als integrierender Bestandteil der
Mutter Erde.
4. Die inhärenten Rechte der Mutter Erde sind unveräußerlich, insofern sie sich aus der
gleichen Existenzquelle ableiten.
5. Die Mutter Erde und alle Wesen, die sie bilden, sind Träger aller inhärenten Rechte, die in dieser Erklärung anerkannt werden, ohne irgendwelchen Unterschied, wie er zwischen organischen und unorganischen Wesen, Arten, nach dem Ursprung, Nutzen für die Menschen oder jeglichem anderen Gesichtspunkt gemacht werden kann.
6. Ebenso wie die Menschen Menschenrechte haben, haben die übrigen Wesen der Mutter Erde auch Rechte, die für ihre Beschaffenheit spezifisch und ihrer Rolle und Funktioninnerhalb der Gemeinschaften, in denen sie existieren, angepasst sind.
7. Die Rechte jedes Wesens sind beschränkt durch die Rechte anderer Wesen, und jeglicher Konflikt zwischen ihnen muss in der Weise gelöst werden, dass die Integrität, das Gleichgewicht und die Gesundheit der Mutter Erde erhalten bleiben.
Artikel 2: Inhärente Rechte der Mutter Erde
1. Die Mutter Erde und alle Wesen, die sie umfasst, haben die folgenden inhärenten Rechte:
a. das Recht zu leben und zu existieren;
b. das Recht respektiert zu werden;
c. das Recht auf Regeneration ihrer Biokapazität und Fortsetzung ihrer Lebenszyklen
und -prozesse frei von Störungen durch den Menschen;
d. das Recht, ihre Identität und Integrität als von andern unterschiedene, selbstregulierte
und untereinander verbundene Wesen aufrechtzuerhalten;
e. das Recht auf Wasser als Lebensquelle;
f. das Recht auf saubere Luft;
g. das Recht auf integrale Gesundheit:
h. das Recht frei zu sein von Kontamination und Verschmutzung, von giftigen und
radioaktiven Abfällen;
i. das Recht, keine genetischen Veränderungen und Modifizierungen ihrer Struktur zu
erleiden, die ihre Integrität oder ihre lebenswichtigen und gesunden Funktionen
bedrohen;
j. das Recht auf volle und schnelle Wiederherstellung bei Verletzungen der in dieser
Erklärung anerkannten Rechte, die durch menschliche Aktivitäten verursacht werden.
2. Jedes Wesen hat das Recht auf einen Platz und die Ausübung seiner Rolle auf der Mutter Erde für sein harmonisches Funktionieren.
3. Alle Wesen haben das Recht auf Wohlergehen und auf ein Leben frei von Quälerei und
grausamer Behandlung durch die Menschen.
Artikel 3: Verpflichtungen der Menschen gegenüber der Mutter Erde
Alle Menschen haben die Verantwortung, die Mutter Erde zu respektieren und in Harmonie mit ihr zu leben.
1. Die Menschen, alle Staaten und alle öffentlichen und privaten Institutionen müssen
a. in Übereinstimmung mit den in dieser Erklärung anerkannten Rechten und Pflichten
handeln;
b. die Anwendung und volle Umsetzung der Rechte und Pflichten, die in dieser Erklärung
festgelegt sind, anerkennen und fördern;
c. das Lernen, die Analyse, Interpretation und Verbreitung des Wissens darüber, wie man in Harmonie mit der Mutter Erde entsprechend dieser Erklärung leben kann, fördern und daran teilnehmen;
d. sichern, dass das Streben nach menschlichem Wohlergehen jetzt und in Zukunft zum
Wohlergehen der Mutter Erde beiträgt;
e. Normen und Gesetze für die Verteidigung, den Schutz und die Bewahrung der Rechte
der Mutter Erde wirksam festlegen und anwenden;
f. die Integrität der Lebenszyklen, -prozesse und -gleichgewichte der Mutter Erde achten,
schützen, erhalten und wo es notwendig ist, wiederherstellen;
g. sichern, dass die Schäden, die durch menschliche Verletzungen der inhärenten, in der
vorliegenden Erklärung anerkannten Rechte verursacht werden, berichtigt werden und
dass die dafür Verantwortlichen Rechenschaft ablegen, um die Integrität und Gesundheit
der Mutter Erde wiederherzustellen;
h. die Menschen und die Institutionen befähigen, die Rechte der Mutter Erde und aller
Wesen, die sie bilden, zu verteidigen;
i. Maßnahmen der Vorbeugung und Beschränkung treffen, um dem vorzubeugen, dass die menschlichen Aktivitäten zur Ausrottung von Arten, Zerstörung von Ökosystemen oder Störungen der ökologischen Zyklen führen;
j. den Frieden sichern und die nuklearen, chemischen und biologischen Waffen abschaffen;
k. Praktiken der Achtung vor der Mutter Erde und allen Wesen, die sie umfasst,
entsprechend ihren eigenen Kulturen, Traditionen und Bräuchen fördern und
unterstützen;
l. ökonomische Systeme in Harmonie mit der Mutter Erde und in Übereinstimmung mit den
in dieser Erklärung anerkannten Rechten fördern.
Artikel 4: Definitionen
1. Der Begriff “Wesen” schließt die Ökosysteme, natürlichen Gemeinschaften, Arten und alle anderen natürlichen Einheiten ein, die als Teil der Mutter Erde existieren.
2. Nichts in dieser Erklärung kann die Anerkennung anderer inhärenter Rechte aller Wesen oder eines Wesens im besonderen einschränken.